Bicicletta da Corsa - Numero Diciotto
pagina #23 www.biciclettadacorsa.de Davide Formolo wuchs in Venetien, dem Herzen des italienischen Straßenradsports, auf und weiß deshalb um die Wichtigkeit der diesjährigen 100. Auflage des Giro d’Italia. Mit dem Sieg der vierten Etappe konnte er 2015 auf der Corsa Rosa das Ergebnis liefern, durch das er plötzlich bekannt wurde. Dabei vollbrachte er eine sol- che Glanzleistung, dass ihm sogar seine berühmtesten Vorgänger Anerkennung zukommen ließen. „Italiener sehen sich den Giro an, das ist ganz klar“, meint Formolo mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Ich bin damit aufgewachsen.“ Der Giro ist ein solch wichtiger und integraler Teil der italienischen Kultur, dass sogar der begeistertste nicht- italienische Radsportfan seine Bedeutung nur dann ver- stehen wird, wenn er selbst den Giro vor Ort erlebt. Denn erst dann wird er zu einem einzigartigen Erlebnis: Das Schlendern durch die mit rosaroten Bändern versehenen Straßen in den Start- und Zielorten, das Überwinden der schneebedeckten Straßen der mächtigen Dolomiten oder das Anfeuern des Pelotons, das gerade mit den frühen Sonnenstrahlen des Sommers in eine auf einem Hügel liegenden toskanischen Stadt einfährt – das ist der durch den Giro herbeigeführte Inbegriff italienischer Identität, auch wenn sich diese stets zu verändern scheint, sobald sich die Rennfahrer einen Weg durch die verschiedenen Regionen bahnen. Würde man dies allerdings Formolo erzählen, so käme es ihm vor, als möchte man ihm sagen, dass Gras grün oder der Himmel blau sei. Die Bedeutung des Giros ist für einen italienischen Radfahrer vergleichbar mit der Bedeu- tung Augustas für einen US-amerikanischen Golfer oder das Wembley Stadion für einen englischen Fußballer. „Der Giro ist unglaublich. Die Etappe in den Dolomiten ist sehr speziell, und die Fans sind wirklich einzigartig“, schwärmt der Italiener. „Neben Liege-Bastogne-Liege waren die drei Teilnahmen am Giro d’Italia bisher sicher die größten Herausforderungen meiner Karriere.“ Dies alles bedenkend ist es verständlich, dass seine ver- letzungsbedingt wenig zufriedenstellende Leistung beim letztjährigen Giro wohl eine bittere Enttäuschung für Davide Formolo gewesen sein muss. Und das, auch wenn er das Rennen als viertbester in der Nachwuchswertung abschloss – also eine wenig zufriedenstellende Leistung, die zumindest nicht ganz ohne Erfolg blieb. „Im ersten Abschnitt der Saison konzentrierte ich mich auf den Giro. Und ich dachte, ich wäre bereit und könnte gut abschnei- den. Am Tag vor dem Sturz in der Romandie trug ich das weiße Trikot und war siebter oder achter im GC. Am Tag nach dem Sturz, bei dem ich von 50 Männern auf den
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